Die Antwort auf diese Frage ist eindeutig: Wer auf seiner Webseite ein Kontaktformular benutzt, ist verpflichtet, bei der Wahl der Anrede die geschlechtsneutrale Variante zur Verfügung stellen. Zumindest, wenn das Feld ein Pflichtfeld ist. Das hat das OLG Frankfurt am Main entschieden.

Backend einer WordPress-Webseite auf einem Laptop
Kontaktformular auf einer Webseite mit korrekter Auswahl der Anrede

Viele Leute nutzen auf ihrer Webseite Onlineformulare zur Kontaktaufnahme, zur Produkt-Bestellung, zum Newsletter-Eintrag, etc.

Oft wird dabei die Anrede abgefragt. Die Gründe dafür sind verständlich: Nicht aus jedem Vornamen lässt sich schließen, welchem Geschlecht die Person zugehörig ist. Vor allem bei ausländischen Namen ist das oft schwieriger. Oder auch bei geschlechtsneutralen Namen wie z.B. Kim oder Luca.

Wenn man nun wiederum Kontakt aufnimmt zu dieser Person, möchte man ggf. die korrekte Anrede benutzen. Viele Newsletter werden nach wie vor so versendet, dass die persönliche Anrede am Anfang steht: „Lieber Jonas“, „Sehr geehrte Frau Dr. Schmitz“.

Wo ist die Einteilung sinnvoll und wo nicht?

Produkt-Newsletter werden oft entweder nur an weibliche oder nur an männliche Empfänger versendet, da jeweils unterschiedliche Produkte beworben werden. Wahrscheinlich interessieren sich Männer nicht so sehr für die gleichen Kosmetikprodukte wie Frauen. Da ist der Wunsch nach Einteilung zumindest nachvollziehbar.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen die Einteilung nicht nachvollziehbar ist und die Gründe für eine Abfrage des Geschlechts zumindest fragwürdig sind. Wenn ich z.B. ein Ticket für eine Bahnfahrt kaufe, ist die Angabe meines Geschlechts unerheblich.

Wenn nun eine Person, die sich weder als männlich noch als weiblich bezeichnet, in einem Formular dazu verpflichtet wird, sich für eine dieser beiden Anreden zu entscheiden, kann man getrost von Diskriminierung sprechen.

Das sieht auch das OLG Frankfurt am Main so und hat das mit seinem Urteil vom 22.6.2022 untermauert. Fachanwältin für IT-Recht Nina Hiddemann hat dazu ebenfalls einen Beitrag verfasst.

Was bedeutet das Gerichtsurteil für die Online-Formulare auf meiner Webseite?

Wenn du eine Webseite betreibst und auf dieser z.B. ein Formular zur Kontaktaufnahme benutzt, solltest du zuerst überprüfen, ob die Anrede abgefragt wird und ob diese lediglich binär zwischen „Herr und Frau“ unterscheidet. Ist das der Fall, gilt es zu prüfen, ob das Feld ein Pflichtfeld ist. Pflichtfeld bedeutet, dass das Feld zwingend ausgefüllt sein muss, um das Formular abschicken zu können.

Ist auch das der Fall, hast du zwei Möglichkeiten:

  1. Du entfernst die Pflicht, das Feld auszufüllen
  2. Du fügst dem Feld die nicht-binäre Anrede „Div.“ hinzu

Im 1. Falle entbindest du die Person zumindest von der Pflicht einer Angabe. Nicht-binäre Personen müssen sich somit nicht für eine Anrede entscheiden und unterliegen nicht der Diskriminierung.

Noch besser ist es allerdings, auch die dritte Form der Anrede zur Verfügung zu stellen. Allein, weil es höflicher und zeitgemäßer ist. Man bringt somit auf seiner Webseite zum Ausdruck, dass man sich mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt und niemanden ausgrenzen möchte.

Fazit zur Auswahl der Anrede in Online-Formularen

Es ist recht einfach, seine Online-Formulare so zu bauen, dass sich nicht-binäre Personen nicht ausgeschlossen fühlen. Gleichzeitig gebe ich damit zum Ausdruck, dass mir gesellschaftliche Themen und Entwicklungen wichtig sind und ich alle Menschen erreichen möchte.

Was mit der Einführung der Angabe „m/w/d“ in Bewerbungen geklappt hat, sollte mit der Anrede in Formularen ja wohl ebenfalls möglich sein: Eine gesellschaftlich akzeptierte Lösung für eine Form der Diskriminierung nicht-binärer Personen.